Verse zum Glaubensbewusstein "Shinjinmei"

Dies ist angeblich der älteste Zentext.  Die englische Version hat mich so inspiriert, dass ich sie in meinen Worten auf Deutsch übersetzt habe.  Inzwischen habe ich auch 4 weitere Übersetzungen gesehen, die alle etwas differieren.  Daher erhebt mein Übersetzung einer Übersetzung keinen Anspruch auf Authentizität. 


 Übersetzung ins Deutsche der englischen Übersetzung 

von Richard B. Clark (Zen-Lehrer am Living Dharma Centers, Amherst, Mass.)

der “Verses on the Faith Mind by Chien-Chih Seng-ts’an 

(Third Zen Patriarch -606 AD)”




Verse zum Glaubensbewußtsein 


Das Dao (der Weg) ist nicht schwierig für diejenigen, 

die keine Vorlieben haben. 

Wo beides, Akzeptanz und Ablehnung, abwesend sind

wird alles klar und unverschleiert.

Wenn man jedoch auch nur die kleinste Unterscheidung trifft, 

sind Himmel und Erde unendlich voneinander getrennt.


Wenn Du die Wahrheit erkennen willst, 

vergiß Deine Meinungen.

Deine Vorlieben deinen Abneigungen entgegen zu halten,

ist eine Krankheit des Alltagsbewußtseins.


Wenn der tiefere Sinn der Dinge nicht verstanden wird

ist der innere Frieden gestört. 


Das Dao ist perfekt wie der weite Raum

wo nichts fehlt und nichts zu viel ist.

Wahrlich, weil wir es vorziehen, Dinge zu akzeptieren oder abzulehnen

sehen wir nicht die wahre Natur der Dinge.

Weder verstricke Dich mit äußeren Dingen,

noch damit, im Gefühl der inneren Leere zu leben.

Sei gelassen in der Einheit der Dinge

und falsche Vorstellungen werden von allein vergehen. 


Wenn Du versuchst untätig zu sein, um Ruhe zu erreichen,

ist bereits dieses Bemühen Tätigkeit.

Solange Du in dem einen oder anderen Extrem verweilst

wirst Du die Einheit nicht erfahren.


Die nicht im Einklang mit dem Dao leben

Verfehlen beides, das Aktivsein und die Ruhe,

Durchsetzung und Ablehnung.

Die Wirklichkeit der Dinge abzulehnen 

heißt ihre Wirklichkeit nicht zu erkennen.

Die Leere der Dinge zu beteuern

heißt ebenfalls ihre Wirklichkeit nicht zu erkennen.


Um so mehr Du darüber nachdenkst und redest

um so weiter entfernst Du Dich von der Wahrheit.

Höre auf zu reden und zu denken

und es gibt nichts, was Du nicht erkennen könntest.


Um den Sinn zu erkennen, musst Du zum Ursprung zurückzukehren.

Aber wenn Du den äußeren Erscheinungen nachgehst,

verfehlst Du die Quelle des Ursprungs.

Im Moment der inneren geistigen Befreiung

gibt es eine Bewegung jenseits der Erscheinungen und Leere.

Die Veränderungen, die in der leeren Wirklichkeit anscheinend passieren,

sehen wir aufgrund unseres Nichtwissens als real an.

Suche nicht nach der Wahrheit,

höre nur auf, Deinen Meinungen zu glauben.


Verbleibe nicht in der Dualität,

vermeide es, Dich damit zu beschäftigen.

Wenn es auch nur eine Spur von

diesem und jenem, von Richtig und Falsch gibt,

bleibt Dein Bewusstsein verwirrt. 

Obwohl alle Dualität sich aus der Einheit manifestiert

solltest Du nicht einmal der Einheit verhaftet sein.


Wenn das Bewusstsein ungehindert im Dao verweilt

kann Dich nichts in dieser Welt beleidigen oder verletzen.

Wenn Dich keine Umstände mehr verletzen können,

haben sie auch nicht mehr die Bedeutung, die sie mal hatten.


Wenn keine Gedanken der Unterscheidung mehr auftauchen

hört das bisherigen Bewusstsein auf zu existieren.

Wenn die Gedanken über Dinge und Umstände verschwinden, 

verschwindet auch das denkende Subjekt.

Und wenn sich die Gedanken verflüchtigen, 

verflüchtigen sich auch die Dinge und Umstände.


Die Welt der Dinge besteht aus Objekten, 

weil es ein wahrnehmendes Subjekt gibt

und die Wahrnehmung bedingt ein Subjekt, da es Objekte gibt.

Verstehe den Zusammenhang der Beiden

sowie die grundlegende Wahrheit: die Einheit der Leere.

In dieser Leere sind die zwei - Subjekt und Objekt .- nicht zu unterscheiden

und jedes beinhaltet die ganze Welt.

Wenn Du nicht zwischen gewöhnlich und erhaben unterscheidest,

wirst Du nicht in Versuchung kommen, Meinungen und Vorurteile zu haben.


Im Dao zu leben

ist weder schwierig noch einfach.

Aber diejenigen mit bedingten Weltanschauungen

sind voll Angst und Unentschlossenheit.

Um so schneller sie sich eilen, um so langsamer kommen sie voran.

Anhaftung kann nicht eingegrenzt werden

Selbst der Idee der inneren Befreiung verhaftet zu sein 

bedeutet, sich zu verirren.

Lass die Dinge einfach wie sie sind

und es wird kein Kommen und Gehen geben.


Folge der Natur der Dinge.

und Du wirst Dich frei und unbehelligt bewegen.

Wenn die Gedanken gebunden sind, ist die Wahrheit verhüllt.

Alles ist trüb und unklar.

Die belastende Angewohnheit alles zu bewerten

bringt Ärger und Überdruss.

Welchen Vorteil bringen

Unterscheidung und Trennung?


Wenn Du Dich in Sinne des Daos bewegen willst,

habe keine Vorbehalte gegen die Welt der Sinne und Ideen.

Im Gegenteil, diese Welt so vollständig zu akzeptieren

entspricht der wahren inneren Befreiung.


Der weise Mensch strebt nicht nach Zielen,

aber unkluge Menschen sind von Ihren Zielen gefesselt.

Es gibt nur ein Dharma (Lebensaufgabe oder Gesetz), nicht mehrere. 

Unterscheidungen entstehen aus dem Bedürfnis der Unwissenden 

fest zu halten.

Zu einen Verständnis der Dinge aufgrund von kritischen Meinungen zu finden

ist der größte aller Fehler.


Ruhe und Unruhe entstehen aus Illusionen.

Wenn Du innerlich befreit bist, gibt es weder Vorlieben noch Abneigungen.

Alle Dualität entsteht aus Schlussfolgerungen der Unwissenheit.

Sie sind wie Träume von Blumen in der Luft:

Es ist unsinnig diese pflücken zu wollen

Gewinn und Verlust, Richtig und Falsch;

solche Vorstellungen müssen schlussendlich aufgegeben werden.


Wenn die Augen niemals schlafen

Werden alle Träume von selbst enden

Wenn der Verstand keine Unterscheidungen mehr macht, 

Sind die zehn Tausend Dinge so wie sie sind, aus einer einzigen Einheit entstanden.


Das Mysterium dieser einzigen Einheit zu verstehen

erlöst Dich von allen Verstrickungen.

Wenn alles als gleichwertig angesehen wird

Ist das zeitlose Selbst erreicht.

In diesem Zustand ohne Ursache und Zusammenhang

sind keine Vergleiche oder Analogien mehr möglich.

Stelle Dir Bewegung in der Ruhe

und Ruhe in der Bewegung vor.

Beides - Ruhe und Bewegung - verschwinden,

sobald diese Dualität aufhört zu existieren.

Für dieses ultimative Ende 

gibt es keine Gesetzmäßigkeiten oder Beschreibungen.


In diesem Einheitsbewusstsein im Sinne des Daos

hört alles selbstsüchtige Streben auf.

Zweifel und Unentschiedenheit lösen sich auf

und ein Leben in wahrem Vertrauen ist möglich.


Mit einem einzigen Federstrich sind wir von allen Fesseln befreit

Nichts klebt mehr an uns und wir halten uns an nichts mehr fest.

Alles ist leer, klar und strahlend.

Ohne die geringste gedankliche Anstrengung.

Hier sind Gedanken, Gefühle, Wissen und Vorstellungen von keinem Wert.

In dieser Welt des So-seins

gibt es weder ein Selbst noch etwas anderes als das Selbst.

Um direkt in die Harmonie dieser Wirklichkeit zu gelangen

brauchst Du im Falle von Zweifeln nur zu sagen “Nicht Zwei”.

In diesem “Nicht-Zwei” ist nichts getrennt,

nichts ausgelassen, egal wann und wo.

Innere Befreiung bedeutet, in diese Wahrheit einzutreten.

Und diese Wahrheit ist jenseits von Ausdehnung und Kontraktion 

in Raum und Zeit; 

darin währt ein einziger Gedanke zehn tausend Jahre.


Leere hier, Leere dort.

Aber Du hast das unendliche Universum stets vor Augen.


Unendlich groß und unendlich klein,

kein Unterschied weil alle Definitionen verschwunden 

und keine Grenzen zu sehen sind.

So auch mit Sein und Nicht-Sein.

Vergeude keine Zeit mit Zweifeln und Argumenten,

denn sie haben nichts mit dem So-Sein zu tun.


Ein Ding, alle Dinge.

Bewege Dich zwischen ihnen und vermische Dich mit ihnen

ohne Abgrenzung.

Mit diesem Verständnis lebst Du ohne die Sorge perfekt sein zu müssen,

In diesem Vertrauen zu leben ist der Weg zur Nichtdualität

Und die Nichtdualität ist eins mit dem Ur-Vertrauen.


Worte!


Das Dao ist jenseits von Sprache

Darin gibt es


Kein Gestern


Kein Morgen


Kein Heute

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